Auch nach dem Tod kein Heiliger…
Ist es pietätlos, einen Verstorbenen zu kritisieren? Anlass zu diesem Gedanken war der frühe Tod des international bekannten Bodybuilders Rich Piana, wobei das Wort „Muskelmonster“ eher passend ist. Um Bodybuilding als Sport ging es hier schon lange nicht mehr, nur noch um maximale Aufmerksamkeit. Und natürlich auch um die Eigenvermarktung und den Vertrieb der zahlreichen Muskelpulver, die der Genannte unter dem Label „Rich Piana 5% Nutrition“ anbot. Doch alles im Leben hat seinen Preis.
Fatale Verharmlosung
46 ist heutzutage kein Alter zum Sterben, im Gegenteil. Ich kenne einige Sportler, die gerade in diesem Alter fit wie nie zuvor sind. Im Falle des Amerikaners ging es jedoch nicht um Fitness, sondern um extreme Muskelmasse. Um jeden Preis. Da wurde geschluckt und gespritzt, was die Giftküche hergab. Es ging sogar soweit, dass sich der untersetzte Muskelprotz Öl in die Oberarme spritzte, um deren Volumen noch mehr zu vergrößern. Hier braucht man kein Mediziner zu sein, um zu erahnen, dass sich dieser Wahnsinn irgendwann einmal böse rächt. Ich halte nichts davon, den Tod des Betreffenden mit Häme und Spott zu begleiten. Das ist für mich pietätlos. Allerdings sollte man auch kritisch darüber nachdenken, dass Rich Piana nicht nur sich selbst geschadet hat. Dies wäre sein gutes Recht gewesen. Ich möchte jedoch nicht wissen, wie viele Leichtgläubige, seiner Verharmlosung des Steroid-Konsums geglaubt und seinem Beispiel gefolgt sind. Harmlos war es ja offensichtlich nicht und das traurige Ende nur eine Frage der Zeit.
Verdient Ehrlichkeit Respekt?
Es würde mich interessieren, ob Rich Piana, wenn er aus dem Koma erwacht wäre, immer noch sagen würde „I’m completely happy with the choice I made of deciding to take steroids.“ Übersetzung: Ich vollkommen zufrieden damit, mich entschlossen zu haben, Steroide zu verwenden“.
Dies nur ein Auszug aus einem Videobeitrag aus dem Jahre 2014, in dem Rich Piana zwar auf gesundheitliche Risiken eingeht, diese jedoch gleichzeitig beschönigt und beteuert, dass es ihm gut gehe, da er mit Verstand dopt (salopp zitiert). Wie naiv seine Jünger diesen Blödsinn aufnehmen, zeigt sich in den Kommentaren. Unfassbar, dass die Mehrzahl seiner Fans ihn sogar noch für seine Ehrlichkeit respektieren! Ehrlichkeit? Muss man einen Junkie respektieren, der seinen Drogenkonsum öffentlich macht und dazu steht?! Spätestens nach seinem Ableben sollte man doch genug Verstand haben, um zu erkennen, das hinter der Fassade ein Mensch steckte, der weder seine Gesundheit respektierte, noch Verantwortung gegenüber den zahlreichen Anhängern hatte, die bedingungslos an seinen Lippen hingen. Bei Youtube sind es immer noch 1,23 Million Abonnenten, andere Kanäle gar nicht mitgerechnet.
Man kann andere und auch sich selbst belügen, aber die Realität holt einen irgendwann ein. Möge Rich Piana in Frieden ruhen und als mahnendes Beispiel dienen.
Foto: Pixabay, Screenshot von www.youtube.com/user/1DAYUMAY
14. September 2021