Training

Fett verlieren und gleichzeitig Muskeln aufbauen – kann das funktionieren?

Fettabbau und gleichzeitiger Muskelaufbau

Kann man gleichzeitig Fett abbauen und Muskulatur aufbauen (auch "lean bulking" genannt)? Diese Frage beschäftige Viele. Zu Recht, denn eine Trennung von Fettabbau und Muskelaufbau ist nicht immer die beste Lösung. Warum?

Übersicht

>> Nachteile beim Fokus auf alleinigen Fettabbau
>> Nachteile beim Fokus auf alleinigen Muskelaufbau
>> Wie beide Ziele kombinieren?
>> Warum HIIT der falsche Weg ist
>> Was ist nun der perfekte Trainingsplan?
>> Auf die Ernährung achten!

Nachteile beim Fokus auf alleinigen Fettabbau

Wer stark übergewichtig ist und radikal abnimmt, verliert zwar Körpergewicht, aber nicht nur Fett, sondern auch Muskeln. Dies führt nicht nur dazu, dass der Körper schlaff aussieht, sondern kann auch im Alltag für Probleme sorgen. Schließlich ist die Muskulatur nicht nur ein optisches Attribut, sondern dient vor allem einer Funktion (Körper aufrecht halten, Dinge anheben, Treppen steigen). Am Ende hat man dann zwar Gewicht verloren, muss sich aber mit Rücken- oder Nackenschmerzen quälen, während man trotzdem mit seiner Figur unzufrieden ist.

Nachteile beim Fokus auf alleinigen Muskelaufbau

Zugegeben. Der sehr hagere Typ hat wenig zu verlieren, da er meist nicht zu schnellem Fettaufbau neigt und daher mehr als genug aufbauende Nahrung zu sich nehmen kann, ohne viel Körperfett zuzulegen. Der „normale“ Typ sollte sich jedoch schon überlegen, ob er sich ständig einen deutlichen Kalorienüberschuss anfuttert und sich sonst recht wenig bewegt, um Energie für den Muskelaufbau zu sparen. In diesem Fall steigt auch der Körperfettgehalt. Diese Methode ist die Regel im professionellen Bodybuilding. Erst massig und schwer werden und dann vor dem Wettkampf 10 bis 15 kg abbauen, in der Hoffnung nicht allzu viel Muskelmasse zu verlieren.  Aber dies sind Profis, die ihren Körper genau kennen, für ihren Sport leben und auch mit „pharmazeutischer“ Unterstützung nachhelfen. Dem Alltagsmenschen wird es deutlich schwerer fallen, auf einmal Training und Ernährung umzustellen, zumal oft auch eine Sucht nach mehr Kraft und Masse entsteht. Leider hat man sich so von dem ursprünglichen Ziel des schlanken und athletischen Körpers entfernt.

Anmerkung: Wie groß der Unterschied zwischen Trainingsgewicht und Wettkampfgewicht sein kann, wird am Beispiel des ehemaligen deutschen Spitzenbodybuilders Markus Rühl sichtbar. Während er zu Wettkämpfen mit rund 125kg antrat, wog er außerhalb der Saison bis zu 146kg (bei einer Körpergröße von 1,77m)!

Wie beide Ziele kombinieren?

Für den Fettabbau sind (vereinfacht ausgedrückt) zwei Sachen wichtig: Kaloriendefizit und Energieverbrennung. Beim Muskelaufbau (ebenfalls vereinfacht ausgedrückt) sind es Kalorienüberschuss und Energieeinsparung, damit der Körper in den trainingsfreien Tagen wachsen kann. Natürlich sollte im ersten Fall so trainiert werden, dass die Fettverbrennung angekurbelt wird, im zweiten Fall sollte so trainiert werden, dass ein Muskelwachstum stimuliert wird.

Daraus ergibt sich, dass es vor allem wichtig ist, in den richtigen Trainingsbereichen zu trainieren und dem Körper genügend (weder zu viel noch zu wenig) Nährstoffe zur Verfügung zu stellen. Bewegung muss sein, jedoch ohne Körper und Geist zu „stressen“. Ansonsten fällt das Muskelwachstum schwer oder findet gar nicht statt.

Warum HIIT der falsche Weg ist

Treppensprint

HIIT (High Intensity Interval Training) ist eine Trainingsmethode, bei der kurze hochintensive Einheiten absolviert werden, die von kurzen Erholungspausen unterbrochen werden. Dies können Treppensprints, Kniebeugen, Kettlebell-Swings, Liegestütze usw. sein. HITT ist in der Tat eine Trainingsmethode, die die Fettverbrennung extrem ankurbelt und auch Wachstumshormone ausschüttet. Auch die Ausdauer verbessert sich enorm. Warum ist HITT aber für Fettverlust und gleichzeitigen Muskelaufbau eher ungeeignet?

★ Wachstumsstimulierende Kraftübungen mit dem entsprechenden Gewicht müssen kontrolliert und langsam ausgeführt werden. Daher für HIIT nicht geeignet.

★ Die erwähnten, explosiv ausgeführten Übungen sprechen hauptsächlich die Kraftausdauer an, nicht den Muskelzuwachs.

★ Selbst ein 15-minütiges Training erzeugt mehr Stress als eine Stunde schweres Krafttraining. Dies hemmt den Muskelaufbau und kann schnell Körper und Geist erschöpfen.

★ Gerade für Anfänger ist eine hohe Motivation zum Durchhalten gefordert.

★ Viele Übungen sind für Übergewichtige sehr unangenehm (Burpees), viel zu schwer (Klimmzüge, Liegestütze) oder eine hohe Belastung für die Gelenke (Sprints, Sprungübungen). Zudem schwitzt und schnauft man sehr stark, was einem vielleicht im Fitnessstudio unangenehm ist.

Anmerkungen: Dies gilt auch für das sog. Freeletics, ein kommerzielles Programm, welches verschiedene Einzelübungen als Programm kombiniert. Für fortgeschrittene Sportler ist ein Kettlebell-Training natürlich eine gute Wahl, aber hier geht es ja um andere Ziele als klassische Fitness und funktionelle Kraft.

Was ist nun der perfekte Trainingsplan?

Perfekt heißt immer: Minimaler Aufwand, maximale Resultate. Die einfachste und effektivste Lösung ist die Kombination aus 2x pro Woche Ganzkörpertraining im Krafttraum bzw. Fitnessstudio und mindestens 3x pro Woche längere Spazierengänge. Beispiel:

▶ Montag: 3 Sätze Bankdrücken, 3 Sätze Hantelkniebeugen, 3 Sätze Klimmzüge (notfalls mit Bändern zur Unterstützung)

▶ Dienstag: 1 bis 2 Stunden spazieren

▶ Mittwoch: 1 bis 2 Stunden spazieren

▶ Donnerstag: 1 bis 2 Stunden spazieren

▶ Freitag: 3 Sätze Bankdrücken, 3 Sätze Kreuzheben, ggf. Beinheben für die Bauchmuskulatur

▶ Samstag und Sonntag: frei, wenn gewünscht

Warum nur so wenige Übungen?

Kreuzheben, Kniebeugen und Bankdrücken sind (in der Reihenfolge) die Übungen, die am meisten Muskulatur bei der Ausführung ansprechen. Somit kann mit wenig Trainingsaufwand viel erreicht werden und es wird Energie für den Muskelaufbau gespart.

Anmerkung: Zur Erklärung, wie Muskelaufbau funktioniert und wie es sich zum Krafttraining unterscheidet, empfiehlt sich der entsprechende Artikel auf unserer Seite.

Warum gerade Spazierengehen?

★ Gehen kann jeder. Zu jeder Jahreszeit und an jedem Ort. Ohne Ausreden.

★ Gehen ist gelenkschonender als Joggen und anatomisch „natürlicher“ als Radfahren.

★ Man bewegt sich im niedrigen Pulsbereich, der eher die Fettverbrennung ankurbelt.

★ Es kann ein gleichmäßiger Puls gehalten werden (keine Belastungsspitzen wie bei einem Berganstieg mit dem Rad, keine Sauerstoffschuld durch heftiges Atmen)

★ Es kostet nichts, benötigt kein Equipment.

★ Man muss sich auch als stark Übergewichtiger nicht dummen Blicken aussetzen - „schau mal, wie der Fette dort auf dem Stepper rumhampelt“.

Anmerkung: Mehr über die etwas anderen Vorteile des Spazierengehens liefert dieser Artikel.

Auf die Ernährung achten!

Ernährung

Damit die Muskeln wachsen und das Fett langsam verheizt wird, empfiehlt es sich:

★ Kohlenhydratzufuhr reduzieren

★ Mehr Eiweiß zu sich nehmen

★ Fett ist kein Feind, aber bitte nur gesunde Fettquellen (Avocados, Nüsse, Olivenöl, Leinöl…) nutzen

★ Viel Wasser trinken, um den Körper hydriert zu halten und zu entschlacken

★ Grüner Tee, schwarzer Tee und Apfelessig bringen den Stoffwechsel in Schwung

★ Kompletter Verzicht auf Alkohol (enthält viele Kaloren, wirkt wie Zucker, hemmt die Fettverbrennung, ist Stress für den Körper)

★ Kein Zucker, auch bei Obst aufpassen (Fruchtzucker)

Kristallsalz statt Kochsalz verwenden

★ Mehr Gemüse essen (hoher Wasseranteil, ballaststoffreich)

★ So naturbelassen und frisch wie möglich essen (kein Junkfood, keine Fertiggerichte)

Insgesamt gilt: Es ist nicht notwendig, aus allem eine Wissenschaft zu machen oder zu streng mit sich umzugehen. Wichtig ist nur, dass die Grundprinzipien geduldig beachtet werden. Da klappt es sowohl mit den Muckis als auch dem Verlust der Fettpolster.

Text: Stefan Mothes | Fotos: Unsplash, Pixabay

24. August 2021

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