Unterwegs

Reisebericht: Grönland

Grönland

Als wir am Morgen erstmals das Deck betreten, befinden wir uns in einer wahren Winterwunderlandschaft: das makellose Weiß der tief verschneiten Berggipfel, das tiefe Blau des wolkenlosen Himmels und die glitzernde Wasserfläche des Fjords versprechen einen strahlend schönen Tag. Wir sind in Grönland!

Zwei Tage dauerte die Flug-Anreise von Deutschland über Kopenhagen bis in den Westen Grönlands und noch gestern, als uns Grönlands größter Flughafen Kangerlussuaq im SøndreStrømfjord tief im Inneren des gewaltigen eisgepanzerten Landes grau in grau mit heftigem Schneefegen empfing, hätte sich niemand diese märchenhafte Schönheit und Stille, die uns nun empfängt, auch nur annähernd vorstellen können. Noch am Abend, als wir in der reichlich provinziell anmutenden Hauptstadt Nuuk an Bord des Dreimastschoners “Rembrandt van Rijn” gingen, umhüllten uns dichte Wolken und heftiger Schneefall verhieß alles andere als den strahlenden Morgen, den wir nun staunend erleben. Für eine Woche haben wir den heimatlichen Frühling mit dem noch tief winterlichen Grönland eingetauscht und wollen uns an der von kilometerlangen Fjorden zerfurchten Westküste den Traum von unberührten Pulverschneeabfahrten erfüllen. Und wir müssen gar nicht lange suchen: während wir fast lautlos zwischen den beeindruckenden Berggipfeln zu beiden Seiten des malerischen Fjords dahingleiten, stechen uns immer wieder traumhafte Hänge ins Auge, die wie für Ski- und Snowboardfahrer gemacht scheinen.

Schließlich haben wir uns für einen formschönen Berg entschieden. Der Kapitän lässt Anker werfen und die beiden Schlauchboote werden zu Wasser gelassen. Bei einer Erkundungsfahrt, bei der zugleich der erste Schwung an Ski-Ausrüstung an Land geschafft wird, finden wir die ideale Anlandungsstelle, an der alle bequem und trockenen Fußes das Ufer betreten können. Nun heißt es Steigfelle aufziehen und schon wenige Minuten später steigen wir langsamen, gleichmäßigen Schrittes über die unberührte Schneefläche sanft bergan. Die atemberaubende Stille der menschenleeren winterlichen Landschaft ringsum und der gleichmäßige wiegende Schritt haben etwas beruhigendes. Schweigend und jeder für sich in Gedanken versunken diesen herrlichen Tag genießend steigen wir bergan. Je höher wir kommen, umso großartiger wird das Panorama: 360° rings um uns nichts als weiße, tief verschneite Berglandschaft, unterbrochen nur von den tiefblauen verzweigten Armen der Fjorde, die sich bis zu 60 km weit ins Landesinnere ziehen. In einem dieser Meeresarme ist tief unten unser Segelschiff zu erkennen. Winzig wie aus dem Spielzeugland wirkt der geräumige Dreimastschoner inmitten der gewaltigen Landschaft. Bis zu 30 Passagiere haben auf unserem komfortablen schwimmenden Basislager Platz - vermutlich die einzigen Menschen, die sich während der ganzen Woche überhaupt an diesem Küstenabschnitt Westgrönlands befinden. Die absolute Einsamkeit und völlige Unberührtheit der hiesigen Bergwelt ist sicher auch einer der größten Reize unserer abenteuerlichen Tour.

Nach dreieinhalb Stunden gleichmäßigem Aufstieg ist der Gipfel erreicht - knapp über 1000m hoch und mit großartigen Ausblicken nach allen Seiten. Während der ausgiebigen Rast schweifen die Blicke weit über die menschenleere Berglandschaft. Nicht einmal Spuren anderer Skifahrer oder ein einsames Fischerboot in einem der vielen Fjorde können wir entdecken. Das Highlight des Tages steht jedoch erst noch bevor: die Traumabfahrt über mehr als 1000 Höhenmeter absolut unberührter Pulverhänge! Egal ob mit Ski oder Snowboard - wir sind uns alle einig, dass wir noch nie so großartigen Pulverschnee erlebt haben wie hier in der trockenen, kristallklaren Winterluft Grönlands. Die Abfahrt vergeht wie im Rausch. Jeder hat massig Platz für seine eigene Linie, setzt Schwung um Schwung in den stiebenden Pulver. Am Ufer warten bereits die Schlauchboote und keine 10 Minuten später werden wir zurück an Bord mit frischem Gebäck und Heißer Schokolade begrüßt - ein gewisser Luxus darf ruhig mal sein! Apropos Luxus: das was unser argentinischer Schiffskoch jeden Abend zum üppigen Dreigänge-Menü auf den Tisch zaubert, braucht keinen Vergleich zu scheuen: man muss sich schon zügeln, damit die Kalorienbilanz trotz ganztägiger sportlicher Betätigung an frischer Winterluft ausgeglichen bleibt!

Als wir später mit einem guten Glas Rotwein in der Hand an Deck stehend das farbenprächtige Spektakel der Nordlichter unterm klaren Nachthimmel beobachten und die Silhouette der großartigen Berglandschaft im silbrigen Mondlicht lautlos an uns vorbeigleitet, geht ein perfekter Tag zur Neige, der schöner und abwechslungsreicher nicht hätte sein können. Und als wir schließlich nach 5 großartigen Skitourentagen bei absolutem Traumwetter am letzten Abend gemeinsam mit der Schiffscrew auf unsere Erlebnisse anstoßen, sind sich alle einig: wir kommen wieder! Im nächsten Frühling segelt die “Rembrandt van Rijn” erneut durch arktische Gewässer. Neben Grönland bieten auch Island, Norwegen oder Spitzbergen Ski&Sail-Erlebnisse der Extraklasse. Und wer einmal dabei war, der weiß: es ist ein Erlebnis mit enormem Suchtpotenzial!

Infos für Reisende

In Grönland leben noch rund 50.000 Einwohner auf mehr als zwei Millionen Quadratkilometer verteilt. Somit hat Grönland abgesehen von der Antarktis die geringste Bevölkerungsdichte der Welt. Die beste Reisezeit ist Ende März bis Ende Mai. Eine einwöchige Ski & Sail-Erlebnisreise ist ab rund 2000 Euro zzgl. Fluganreise buchbar. Mehr über die größte Insel der Erde auch auf Visit Greenland, Grönlands nationaler Tourismusinstanz.

Über den Autor

Markus Walter ist begeisterter Elbsandstein-Kletterer, Skitouren-Geher und Bergsteiger. Er sammelte umfangreiche Expeditionserfahrung, u.a. bei fünf 8.000er-Besteigungen, zehn 7.000er-Besteigungen und über 40 6.000er-Besteigungen. Er war an zahlreichen Erstbesteigungen im Karakorum, Himalaya und in den Anden beteiligt und unternahm hunderte Ski- und Bergtouren in den Alpen. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer der DIAMIR Erlebnisreisen, ist für die Bergwacht Sachsen als Ausbilder im Einsatz und Gründungsmitglied des Alpinclub Sachsen. Außerdem ist er leidenschaftlicher Fotograf sowie Autor von Vorträgen und Reisereportagen.

Fotos: DIAMIR Erlebnisreisen

10. Dezember 2014

Weitere Beiträge zu diesen Themen

Zurück

Weitere Artikel zu Reisen

Fahrbericht: Corvette C1 Convertible

mehr lesen >>

Reisebericht: Israel - Zu Besuch im Heiligen Land

mehr lesen >>

Fahrbericht: Dodge Viper SRT

mehr lesen >>

Reisebericht: Finnland´s Norden – Winterwunderland, Schneeflocken und Schlittenhunde

mehr lesen >>

Westfield Super Seven

mehr lesen >>