Unterwegs

Fahrbericht: Nissan GT-R Premium Edition

Nissan GT-R Premium Edition

Haben wir in der letzten Ausgabe noch einen mächtigen Zwölfzylinder vorgestellt, sind wir diesmal etwas bescheidener geworden (nicht wirklich) und sind auf einen feurigen Sechszylinder umgestiegen. Aus diesem haben japanische Ingenieure nicht nur 550 PS herausgeholt, sondern zaubern Beschleunigungswerte auf die Straße, die mehr der Formel 1 als einem Straßenfahrzeug zuzuordnen sind. Grund genug, sich den Nissan GT-R einmal näher anzuschauen und sich in den Fahrersitz bzw. die Pilotenkanzel zu schwingen.

Ein Werk des Herrn Tetsushi Matsumoto

Der GT-R wird von Nissan bereits seit 2007 gebaut und immer noch von den besten Mechanikern des Landes in Handarbeit zusammengesetzt. So trägt auch jeder Wagen eine Plakette mit Namen des verantwortlichen »Takumi«, was Handwerksmeister bedeutet. In unserem Falle hieß der werte Herr Tetsushi Matsumoto. Ein Name, der an einen kampfstarken Samurai oder Karatemeister erinnert. Und kampfstark ist der schlanke Japaner, der für seine Leistung sehr dezent auftritt. Laien würden niemals vermuten, dass dieses automobile Wunderwerk rennen kann, wie kaum ein anderes Fahrzeug. Optisch sieht der Japaner um das Heck herum etwas kantig aus. Nur die mächtigen Reifen, die vier dicken Auspuffrohre, der wuchtige Heckflügel und das GT-R-Emblem verraten, dass dieses Fahrzeug doch ein »wenig« mehr unter der Haube hat. Der Japaner ist kein Hubraumwunder, spielt aber in einer Liga mit den teuersten Seriensportwagen der Welt. Dies beweist er regelmäßig mit Rekordzeiten auf dem Nürburgring. Preislich ist Nissans Sportcoupé fast schon ein Schnäppchen und auch an der Zapfsäule zeigt er sich genügsam. Laut Hersteller begnügt er sich bei zarter Fahrweise mit 8,8 Litern pro 100 km. In der Praxis wird dies sicherlich ein wenig anders aussehen, aber schon Werte unter zehn Liter sind beachtlich. Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass die Ingenieure beim Nissan GT-R ganze Arbeit geleistet haben. Aber lassen wir endlich die Praxis sprechen.

Ab 250 km/h beginnt der Spaß erst richtig

Mit einem Druck auf den Startknopf erwacht der Supersportler zum Leben. Der Motor klingt beim Anspringen kernig, aber im unteren Drehzahlbereich ist er etwas leise. Verständlich, denn noch ruhen die mächtigen Turbolader. Im Cockpit geben zahlreiche Instrumente Aufschluss über Öltemperatur, Öldruck, Kühlwassertemperatur und auch sehr ungewöhnliche Werte wie z.B. die Querbeschleunigung oder den Drehmomentverlauf. Mittels dreier Schalter kann man zudem die Schaltgeschwindigkeit, die Federung und die Traktionskontrolle dem eigenen Fahrverhalten anpassen. Interessanterweise zeigt der bis 340 km/h reichende Tacho die 100 km/h Marke genau dort, wo bei den meisten Autos die 0 km/h Marke steht. Im Komfortmodus fährt sich der GT-R sehr handzahm und ist erstaunlich gut gefedert. In einer kleinen Stadtrunde konnte ich mich an das Fahrzeug gewöhnen und selbiges kam auch so langsam auf Betriebstemperatur.

Gott sei Dank ist die Autobahn zu dieser Zeit sehr spärlich befahren und auch nicht begrenzt. Also heißt es Gas geben. Auch ohne den Gasfuß voll durchzutreten, schießt das 1,8 Tonnen schwere Coupé nach vorne. Das Schalten mit den am Lenkrad befindlichen Schaltwippen macht zwar Spaß, aber in dem Maße, wie das Auto beschleunigt, muss man schon sehr schnell reagieren, um zum richtigen Zeitpunkt den Gang zu wechseln. Also wechsle ich lieber wieder in den Automatikmodus und trete das Pedal richtig durch. Nun setzt ein leises Pfeifen der Turbolader ein und der GT-R beschleunigt als gebe es kein Morgen. Die Lenkung ist direkt und präzise, Schaltvorgänge werden vom Doppelkupplungsgetriebe blitzschnell und butterweich umgesetzt. Im Race-Modus klebt der Nissan auf der Straße und hängt auch bei Geschwindigkeiten von über 250 km/h noch gierig am Gas. Seine superbe Straßenlage verdankt der Viersitzer nicht zuletzt der Trennung von Motor (auf der Vorderachse) und Getriebe (Hinterachse), was ihm eine bespiellose Gewichtsverteilung ermöglicht. Absolutes Rennfeeling liefert die »Launch Control«. Ist diese aktiviert, dreht der Fahrer im Stand den Motor bei gedrückter Bremse auf 4.000 U/min hoch und nimmt dann den Fuß vom Gaspedal. Das Resultat ist ein raketenmäßiger Start, ganz im Sinne der Formel1. Facelifting inklusive, denn dabei glätten sich alle Gesichtsfalten.

Rakete für den Alltag?

In Anbetracht der extremen Leistungen ist es schon sehr verwunderlich, wie kultiviert sich dieses Fahrzeug aus dem Land der aufgehenden Sonne gibt, obwohl es für die Rennstrecke gebaut wurde. Im Vergleich zu einem Lamborghini oder Ferrari schlägt der Nissan GT-R diese Kandidaten nicht nur im Kaufpreis, sondern auch in seiner Alltagstauglichkeit, obwohl man diese Rennmaschine ungern unterfordert. Mit einem für einen Sportwagen recht ordentlichem Kofferraum (315 Liter) und zwei kleinen Rücksitzen könnte man diesem Supersportler fast schon ein klein wenig Familientauglichkeit attestieren. Meine Kristallkugel sagt mir jedoch, dass ich mit derlei Argumenten zu Hause wohl auf taube Ohren stoßen werde…

Technische Daten

Motor: V6-Biturbo
Leistung: 550 PS
Hubraum: 3,8 Liter
Maximales Drehmoment: 632 Nm
Beschleunigung: 0 auf 100 km/h in 2,7 Sek.
Höchstgeschwindigkeit: 315 km/h
Antrieb: Permanenter Allrad
Leergewicht: 1.815 kg
Grundpreis: 96.900 €

17. September 2015

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